Fachstelle für Vereine

Gewaltenteilung

In Vereinen gibt es unterschiedliche Verantwortlichkeitsebenen:

Die Mitgliederversammlung als oberstes Organ beauftragt den Vorstand mit der Erfüllung des Vereinszwecks resp. der Entwicklung, Überwachung und operativen Umsetzung der Strategie. Der Vorstand übernimmt die Umsetzung selber oder delegiert sie an die Geschäftsstelle resp. den Betrieb.

Gewaltenteilung verlangt, die Befugnisse und damit die Macht auf verschiedene Organe zu verteilen. Diese sollen einander kontrollieren und kein Organ über alle anderen bestimmen können.

Wir empfehlen, dass Angestellte oder Mandatierte im Vorstand nur mit beratender Stimme vertreten sind.

Weiterführende Hinweise zu wichtigen Aspekten dieses Unterthemas finden Sie unten auf dieser Seite.

Jedes Mitglied ist von Gesetzes wegen vom Stimmrecht ausgeschlossen bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft oder einen Rechtsstreit zwischen ihm selber, seinem Ehegatten oder einer in gerader Linie verwandten Person (Grosseltern, Eltern, Kinder, Enkel) und dem Verein. Darunter fallen etwa Arbeitsverträge, Benutzungsrechte, Miet- und Pachtverträge, Werkverträge sowie Aufträge. Auch bei der Beschlussfassung über einen Ausschluss und bei der Entlastung der Organe gilt die Ausstandspflicht, nicht aber bei Wahlen. Zweck dieser Ausstandspflicht ist die Vermeidung von Interessenskonflikten und Befangenheitssituationen.

Frage

Mein Partner und ich sind im therapeutischen Bereich tätig. Gerne möchten wir unseren Angebots-Schwerpunkt auf den Bereich von Menschen mit Einschränkungen verlegen. Dazu wollen wir einen Verein gründen. Ich habe gelesen, dass es für einen Verein nur zwei Personen braucht. Können mein Partner und ich den Verein gründen und uns vom Verein für die Therapien beauftragen lassen?

Antwort

Ein Verein darf keinen wirtschaftlichen Zweck haben (Art. 60 ZGB). Wenn der Verein dazu dient, den Mitgliedern ihr berufliches Auskommen bzw. einen Teil davon zu ermöglichen, ist dies ein wirtschaftlicher Zweck. Der Verein wird in Bezug auf die Steuern und auf die Haftung bevorzugt behandelt. Eine Umgehung ist deshalb strafbar. In Ihrer Situation ist eine andere Rechtsform zu wählen oder der Verein anders zu organisieren (siehe Arbeitshilfen Rechtsformenvergleich und Merkmale des Vereins)

Grundsätzlich ist es Vereinen jedoch erlaubt, für die Erfüllung ihrer nichtwirtschaftlichen Ziele Personen zu beschäftigen. Gemäss Art. 68 ZGB müssen jedoch Personen in den Ausstand treten bei Geschäften, die sie selbst, Ehe- und Konkubinatspartner und nahe Angehörige betreffen. Das heisst, Sie könnten in Ihrer Funktion als Vertreterin des Vereins auch deshalb nicht sich selbst bzw. Ihren Partner beauftragen oder sich selber anstellen. 

Möglich wäre aber, dass Sie im Vereinszweck eine ideelle oder gemeinnützige Zielsetzung formulieren (z.B. Reduktion der Kosten für betroffene Menschen). Sie können dann Personen suchen, welchen das Angebot für Menschen mit Einschränkungen wichtig ist und die bereit sind, Verantwortung als Vorstandsmitglieder im zu gründenden Verein zu übernehmen. Der Vorstand könnte Sie als vorgesetztes Gremium im Namen des Vereins anstellen oder beauftragen. Sie selbst könnten im Vorstand mit beratender Stimme vertreten sein. 

Verwandtschaftliche Beziehungen können im Verein bei der Besetzung des Vorstands, bei der Ausschliessung vom Stimmrecht und bei den Mitgliederkategorien eine Rolle spielen.

Frage

Wir sind auf der Suche nach neuen Vorstandsmitgliedern im Verein. Ein Ehepaar hat sein Interesse angemeldet. Ist es grundsätzlich erlaubt, dass Verwandte dem gleichen Vorstand angehören?
 

Antwort

Ja, das ist erlaubt. Trotzdem kann im konkreten Fall die Frage berechtigt sein, ob eine Familienvertretung sinnvoll ist oder nicht. Stichworte dazu: Synergien, kurze Informationswege, Machtkonzentration etc.

Letztlich entscheiden die Mitglieder mit der Wahl, ob sie Leute aus der gleichen Familie im Vorstand möchten oder nicht. Zu beachten ist, dass die Ausstandspflicht bei Abstimmungen über Rechtsgeschäfte oder Rechtsstreitigkeiten mit dem Verein gemäss Art. 68 ZGB  auch Verwandte betrifft. Nicht zuletztdeshalb ist es wenig sinnvoll, wenn der Vorstand ausschliesslich oder grossmehrheitlich aus Familienmitgliedern besteht. Eine ordnugnsgemässe Beschlussfassung ist so nicht oder kaum möglich.

 

Personen, die nicht dem Vorstand angehören, können auf dessen Einladung hin an Sitzungen teilnehmen und den Vorstand beraten. Häufig ist das die leitende Person des Betriebs oder der Geschäftsstelle.

Unter „Checks and Balances“ versteht man die gegenseitige Kontrolle (engl. „Checks“) der Vereinsgremien, um ein Gleichgewicht (engl. „Balances“) zu erzielen, welches für den Erfolg des Vereins hilfreich ist. Zum Machtausgleich gehören: 1. Die Gewaltenteilung, d.h. Angestellte können nicht gleichzeitig Vorstandsmitglieder sein. 2. Die Ausgewogene Machtverteilung im Vorstand und im gesamten Verein.

Unter Corporate Governance versteht man Grundsätze für gute Unternehmensführung, Leitlinien für das korrekte Verhalten und das Vorgehen des Vorstands gegenüber der Geschäftsstelle, dem Betrieb und vor allem gegenüber der Öffentlichkeit sowie gegenüber dem Verein und seinen Mitgliedern. Der Begriff stammt aus dem wirtschaftlichen Kontext, insbesondere aus dem Aktienrecht, hat aber auch Geltung im Nonprofit-Bereich, da auch hier die vernünftige und effektive Mittelverwendung sowie eine möglichst transparente und verantwortungsbewusste Führung im Sinne des Zwecks des Vereins gesichert werden sollen.

"Dealing at arms’ length" meint den Grundsatz, dass Geschäfte auch mit nahestehenden Personen zu Konditionen durchgeführt werden, wie sie im Umgang mit völlig unabhängigen Personen gelten. Dies setzt eine Offenlegung von Interessenkonflikten voraus.

Effektiv arbeiten heisst, die richtigen Dinge tun, sodass mit den verfügbaren Mitteln eine möglichst grosse Wirkung erzielt werden kann. Effizient arbeiten heisst, die Dinge richtig zu tun, sodass die gewünschte Wirkung mit dem geringst möglichen Aufwand erzielt wird.

Auch in Vereinen gibt es unterschiedliche Verantwortlichkeitsebenen: Die Mitgliederversammlung als oberstes Organ beauftragt den Vorstand mit der Erfüllung des Vereinszwecks resp. der Entwicklung, Überwachung und operativen Umsetzung der Strategie. Der Vorstand übernimmt die Umsetzung entweder selber oder er delegiert sie an die Geschäftsstelle oder den Betrieb. Wo eine Geschäftsstelle oder ein Betrieb existiert, sollte sich der Vorstand aus dem operativen Tätigkeitsbereich resp. dem Tagesgeschäft heraushalten. Eine klare Zuständigkeits- und Kompetenzordnung zwischen Mitgliederversammlung und Vorstand sowie Vorstand und Geschäftsstelle vereinfacht die Zusammenarbeit. Funktionen in Personalunion sollten vermieden werden. Funktionsbeschreibungen unterstützen die Beteiligten auf allen Ebenen in ihrer Aufgabenerfüllung. Sie müssen periodisch angepasst werden, am besten in Gesprächen über die Kompetenzabgrenzung. Dadurch entstehen ein gemeinsames Verständnis der jeweiligen Aufgaben. Im Gesetz ist die Gewaltenteilung in Art. 68 ZGB "Ausschluss vom Stimmrecht" verankert.

Englischer Ausdruck für „Gute Regierungsführung“. Darunter versteht man ein gutes Steuerungs- und Regelungssystem einer politisch-gesellschaftlichen Einheit, etwa eines Staates oder einer Gemeinde. Mittlerweile wird der Begriff auch für die Führung anderer Organisationen verwendet. Auch für Vereine, insbesondere für mittlere und grössere Vereine, ist eine Führung nach den Grundsätzen von Good Governance empfehlenswert. Good Governance beruht auf den drei Grundsätzen: Transparenz, Machtausgleich und Wirksamkeit. Im Gesetz ist die Gewaltenteilung in Art. 68 ZGB "Ausschluss vom Stimmrecht" verankert.

In vielen Organisationen wird der angestellten Geschäftsführung ein Ehrenamt-Gremium (Vorstand, Verwaltungsrat, Kuratorium etc.) beigestellt. Diese Konstellation enthält Konfliktpotential.

Bericht lesen. Quelle: Diakonieverband Schweiz, 11/2000

Ruth C. Voggensperger, Hubert J. Bienek, Jürg Schneider, Gregor Oliver Thaler: Gutes besser tun. Corporate Governance in Nonprofit-Organisationen. Haupt Verlag (1. Auflage 2004).

Grundlagen über Corporate Governance im Nonprofit-Bereich. Unterschiede zur Privatwirtschaft und praktische Lösungsansätze für die zukunftsorientierte Führung von Nonprofit-Organisationen.

Der Vorstand bildet das Exekutivorgan des Vereins. Er ist mit der Geschäftsführung resp. Vereinsführung beauftragt. Er ist dafür verantwortlich, den Verein entsprechend seinem Zweck zu leiten, die Mittel sinnvoll zu verwenden sowie eine geeignete Organisation sicherzustellen. Er nimmt zudem Führungsaufgaben gegenüber dem Personal wahr. Sofern ein Betrieb oder eine Geschäftsstelle besteht, beschränkt sich die Führungsaufgabe auf die Entwicklung und Überwachung von strategischen Leitlinien in allen Belangen und auf die direkte Führung der Geschäftsleitung.

Der Vorstand führt gemäss Gesetz die Geschäfte des Vereins, er ist das geschäftsführende Organ. Er kann die Geschäftsführung an die Geschäftsstelle (das Sekretariat) oder an den Betrieb resp. die Betriebsleitung delegieren, bleibt aber letztlich immer selber verantwortlich.

Viele Vereine, deren Vereinszweck durch fest angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umgesetzt wird, übertragen die Erfüllung von Aufgaben und/oder die Administration einer Geschäftsstelle. Die Geschäftsstelle ist operativ tätig, der Vorstand strategisch.

Die Mitgliederversammlung ist das oberste und wichtigste Organ des Vereins. Sie findet meist einmal jährlich statt (ordentliche oder statutarische Versammlung). Die Mitgliederversammlung ist die Legislative des Vereins. Sie erlässt und ändert die Statuten, sie wählt den Vorstand und weitere statutarisch vorgesehene Organe (z.B. Revisionsstelle) und setzt Arbeitsgruppen und Kommissionen ein. Sie kontrolliert den Vorstand, indem sie den Jahresbericht (Geschäftsbericht) inklusive Rechnung prüft und genehmigt (oder allenfalls ablehnt). Mit der Genehmigung erteilt die Versammlung dem Vorstand die Decharge(Entlastung). Je nach Statuten kann sie für weitere Geschäfte, die nicht an ein anderes Organ übertragen wurden, zuständig sein. Auch die Auflösung des Vereins wird von der Mitgliederversammlung beschlossen. Die Mitglieder müssen rechtzeitig zur Versammlung eingeladen werden und sind berechtigt, Anträge zu stellen. Sie dürfen zu den traktandierten Themen das Wort ergreifen und an der Debatte teilnehmen oder Gegenanträge stellen. Die Mitglieder können selber die Einberufung einer Vereinsversammlung verlangen. Nach dem Gesetz genügt es, wenn ein Fünftel der Mitglieder dies verlangt.

Frage

Unser Verein hat in allen Unterlagen den Begriff  Vereinsversammlung eingeführt. Ein Mitglied hat sich nun beschwert, es müsse Generalversammlung heissen. Was stimmt?

Antwort

Der Begriff Generalversammlung wird tatsächlich häufig anstelle der Mitglieder- oder Vereinsversammlung verwendet. Im Vereinsrecht kommt er nicht vor, dort ist von der Vereinsversammlung und von der Versammlung der Mitglieder die Rede. Das ZGB (Zivilgesetzbuch) regelt in den Artikeln 64 - 69 die Organisation des Vereins unter dem Titel I. Vereinsversammlung. Auf Französisch heisst es allerdings auch im code civil assemblée générale.

Der Begriff Generalversammlung kommt im OR (Obligationenrecht) im Zusammenhang mit Aktiengesellschaften und Genossenschaften vor. Während ein Verein Personen-orientiert ist, auch in der Mitgliederversammlung, versammelt die Aktiengesellschaft in der Generalversammlung das Kapital (Aktionäre).

Statuten, die den Begriff Generalversammlung enthalten, sind deswegen aber nicht ungültig.

Im Verein ist die Mitgliederversammlung das oberste Organ, sie steht über dem Vorstand. Sie wählt den Vorstand und ist zuständig für die Änderung der Statuten und die Erteilung von Aufträgen an den Vorstand. Sie nimmt den Tätigkeitsbericht des Vorstands ab und erteilt oder verweigert ihm die Entlastung (Decharge). In der demokratischen Vereinsstruktur ist sie die Legislative, weil sie die Statuten erlässt.

Die Organe sind die Gremien, die für den Verein handeln: Die Mitgliederversammlung ist das oberste Organ, der Vorstand ist das geschäftsführende Organ, die Revisoren sind die rechnungsprüfende Stelle. Der Verein als juristische Person handelt durch seine Organe.

Frage

Darf der Verein nur aus Vorstandsmitgliedern bestehen?

Antwort

Auch ein Verein ohne weitere Mitglieder ausser den Vorstandsmitgliedern ist legitim. Die Vereinsversammlung besteht in diesem Fall aus den Vorstandsmitgliedern. Wichtig ist, dass auch ein sog. “Vorstandsverein" die vereinsrechtlichen Vorgaben einhält: Vereinsversammlung einberufen, Wahlen durchführen, demokratische Prozesse einhalten, Ausstandspflichten beachten etc. Für einen „Vorstandsverein“ ist es besonders wichtig, für die Rechnungsprüfung 1-2 Revisor/innen zu wählen – als Kontrolle und Absicherung für den Vorstand, da dieser sich nicht selber entlasten kann.  Die Statuten können festhalten, dass der Vorstand über die Aufnahme der Mitglieder entscheidet. Damit bestimmt der Vorstand, ob weitere Mitglieder aufgenommen werden oder ob es beim „Vorstandsverein“ bleibt.

Der Vorstand führt im Auftrag der Mitgliederversammlung die Geschäfte des Vereins, er ist das geschäftsführende Organ. Als Exekutivorgan des Vereins entwickelt er die Strategie des Vereins und setzt diese um. Er ist verantwortlich für die Erfüllung des Vereinszwecks, für die Zielsetzung und Kontrolle, für die Organisation der Aufgaben oder des Betriebs, für die Beschaffung und Verwendung der Mittel (Finanzen) und für die Erstellung des Berichts inklusive der Rechnung zuhanden der Vereinsversammlung. Ein Verein kann die Geschäftsführung auch einer Geschäftsstelle oder einem Sekretariat übertragen. In diesem Falle ist der Vorstand für deren Beaufsichtigung zuständig. Der Vorstand wird von der Mitgliederversammlung gewählt und ist ihr Rechenschaft (Jahresbericht) schuldig. Seine Aufgaben und Befugnisse sind durch Gesetz, Statuten und Vereinsbeschlüsse definiert. Es gibt keine gesetzliche Mindestzahl von Vorstandsmitgliedern und keine gesetzlich vorgeschriebenen Ressorts. Die Statuten können hingegen eine Mindest- oder eine Maximalzahl festlegen oder Ämter und Ressorts bestimmen.

Urs Scherrer, Marco Greuter: Der Verein in der Praxis – Organisation und Steuern. Schulthess Juristische Medien AG (2. überarbeitete Auflage 2019).

Die aktualisierte und ergänzte Ausgabe trägt diesen Entwicklungen, neuen Tendenzen und Themen wie „Corporate Governance“ und „Compliance“ Rechnung.